Station 4

Hans Bloch

Odeonsplatz 1 (am Platz neben dem U-Bahn-Eingang)

 

 Hier am Odeonsplatz 1 lebte Hans Albert Bloch. Bloch wird am 27. Juli 1895 in München als Sohn des Geheimen Justizrats Eduard Bloch und seiner Frau Ida geboren. Er besucht ein humanistisches Gymnasium. Zu Beginn des ersten Weltkrieges ist Hans Bloch 19 Jahre alt und hat gerade sein Abitur erlangt. Er meldet sich freiwillig zum Kriegsdienst. Während des Krieges wird er schwer verletzt und verliert ein Auge; Für seinen Einsatz wird er mit dem Eisernen Kreuz ersten Ranges ausgezeichnet.

Nach Ende des Krieges folgt er dem Beispiel seines Vaters und beginnt ein Jurastudium in Würzburg, das er nach 5 Jahren mit Auszeichnung abschließt. 1924 beginnt er seine berufliche Tätigkeit: mit nun 29 Jahren tritt er in die gut gehende Wirtschaftskanzlei seines Vaters als Fachanwalt für Patentrecht und Technisches Recht ein. Die Kanzlei befindet sich nur wenige Meter von seinem Wohnhaus im 3. Stock der Briennerstraße 8b; Da Frontkämpfer vom Berufsverbot für jüdische Rechtsanwälte im Jahr 1933 ausgenommen sind, kann Hans Bloch nach der Machtübernahme zunächst seine Stellung als Anwalt behalten. Von nun an sind jedoch vor allem Geschäftsverkäufe, Auswanderungen und Devisensachen für jüdische Klienten Schwerpunkt der Kanzleitätigkeit.
 
Nach dem allgemeinen Berufsverbot für jüdische Rechtsanwälte ist Hans Bloch einer der wenigen „Konsulenten“, die noch juristisch für andere Juden tätig sein dürfen. Dass Hans Bloch als Konsulent arbeiten darf verdankt er auch der Fürsprache des damaligen Vizepräsident des Oberlandesgericht, der sich in seiner Beurteilung für ihn einsetzt und der ihn als ruhigen, sachlichen und kenntnisreichen Anwalt beschreibt.

Hans Albert Bloch ist seit 1930 mit seiner Frau Brigitte verheiratet – einer Nichtjüdin. Die beiden 1932 und 1934 geboren Töchter sind christlich erzogen. Seine Ehe gilt daher nach den rassistischen NS-Kriterien als sogenannte „privilegierte Mischehe“. Bloch kann in seiner nahegelegenen Wohnung am Odeonsplatz 1 bleiben und wird nicht wie die anderen Juden ghettoisiert. Auch muss er ab 1941 den Judenstern nicht tragen und ist vor der Deportation geschützt.

 Als Vertrauensmann der jüdischen „Konsulenten“ beim Oberlandgericht München bekleidete er eine wichtige Position und hat darüber hinaus Kontakte zu vielen Netzwerken, die Verfolgten bei der Emigration aus Deutschland unterstützen. Hans Bloch setzt bedingungslos seine Handlungsspielräume für andere Verfolgte ein und ignoriert dabei die Gefahr für sein eigenes Leben. Damit verhilft er vielen seiner jüdischen Mitmenschen zur Ausreise. Sein großer Einsatz bei der Betreuung Auswanderungswilliger veranlasst die Gestapo, ihn am 11. Dezember 1941 „auf Weisung des Reichssicherheitshauptamts“ und „wegen Sabotierens staatspolizeilicher Maßnahmen“  zu verhaften. Gemeint ist damit Hans Blochs Einsatz für Juden im Vorfeld der ersten Massendeportation von 1.000 Menschen am 20. November 1941 nach Kaunas in Litauen.

Die Gestapo nimmt Hans Bloch in „Schutzhaft“. So nennen die Nationalsozialisten die vorbeugende Inhaftierung ihrer Gegner ohne Rechtsgrundlage. Wenig später wird Hans Bloch in das Konzentrationslager Mauthausen überstellt, wo er am 9. März 1942 unter ungeklärten Umständen stirbt.

Seine Mutter Ida gelingt noch im Juli 1941 die Emigration nach New York. Auch seine beiden Schwestern schaffen es, in die USA auszureisen. Nächstes Jahr wird an seinem einstigen Wohnort am Odeonsplatz 1 ein Erinnerungszeichen für Dr. Hans Bloch eingeweiht.

 

Simone Halbach