Station 1

Die Feldherrenhalle

Odeonsplatz (Standort Pfälzer Weinstube vor der Gedenktafel)

 

Wir stehen hier vor der Feldherrnhalle, die in den Jahren 1841 bis 1844 nach den Plänen des Architekten Friedrich von Gärtners im Auftrag König Ludwig des I. als Denkmal für die Bayerische Armee errichtet wurde. Im Kult um das NS-Regime spielt die Feldherrnhalle eine ganz besondere Rolle. Hier endet am 9. November 1923 der von Adolf Hitler und General von Ludendorff angezettelte Marsch auf Berlin und damit auch ihr Putschversuch gegen die Weimarer Republik. Bei einem Gefecht mit der Münchner Polizei kommen 15 Parteiaktivisten und ein Zuschauer ums Leben. Ab 1933 findet hier jedes Jahr am 9. November eine groß inszenierte Feier statt, bei der die 16 Opfer als „Blutzeugen“ verehrt werden. Für sie errichten die Nationalsozialisten auf der linken Seite der Feldherrnhalle eine Mahnmal.
Im Jahr 2010 wird übrigens eine Tafel an der Residenz angebracht, auf der die drei Polizisten gewürdigt werden, die bei der Verteidigung der Republik von den Nationalsozialisten getötet wurden. Zuvor hatte es für sie nur eine Bodentafel vor der Feldherrnhalle gegeben.
 
Am heutigen Tag erinnern wir besonders an die sogenannte Reichskristallnacht vom 9./10. November 1938. Im Herbst 1938 ist der Umbau der Gesellschaft zu einer rassistischen Volksgemeinschaft schon weit fortgeschritten. Viele Juden haben München bereits verlassen, doch den Nationalsozialisten geht ihre Verdrängung noch nicht schnell genug. Am 7. November 1938 erschießt der Jude Herschel Grynspan in Paris einen deutschen Botschaftsangehörigen. Damit protestiert er gegen die Ausweisung seiner Eltern nach Polen. Die NS-Regierung nimmt seine Tat zum Vorwand, die Judenverfolgung drastisch zu verschärfen.

Am 9. November 1938 versammelt sich zur Feier des Jahrestages des Hitler-Ludendorf-Putsches traditionell die Parteispitze der NSDAP im Alten Rathaus am Marienplatz. Gegen 22 Uhr ergreift dort Propagandaminister Josef Goebbels das Wort. Goebbels macht in seiner Rede die Juden insgesamt für den Anschlag in Paris verantwortlich. Seine Worte verstehen die anwesenden NSDAP- und SA-Führer als Aufforderung nun allerorts gegen die Juden loszuschlagen.

Im ganzen Reich brennen daraufhin die Synagogen, Geschäfte von Juden werden zerstört. SA und SS-Horden überfallen und ermorden in dieser Nacht zahlreiche Menschen. Im Anschluss an die Ausschreitungen verhaftet die Polizei jüdische Männer und steckt sie in die gefürchteten Konzentrationslager. In München werden rund 1.000 Männer in das KZ-Dachau verschleppt. Dort werden sie misshandelt und unter Druck gesetzt, auszuwandern und ihr Eigentum zu verkaufen. Insgesamt kommen in diesen Tagen und Wochen im November und Dezember 1938 ca. 30 Münchner Juden ums Leben, einige von ihnen begehen aus Verzweiflung Suizid.

Bevor wir uns näher mit den Biografien einiger Münchner Juden befassen, gehen wir noch kurz ein paar Schritte weiter zur Viscardigasse.

 

Maximilian Strnad