Station 8
Herzog-Max-Straße 7 (am Gedenkstein, bei Führung 1 im Hof)
Wir stehen vor dem Gedenkstein für die ehemalige Hauptsynagoge der Israelitischen Kultusgemeinde München, die 1887 hier in der Herzog-Max-Straße 7 eingeweiht wird. In den nächsten 50 Jahren liegt das religiöse Zentrum der Jüdische Gemeinde mitten im Herzen der Stadt. Im Juni 1938 zerstören die Nationalsozialisten die Synagoge als erstes jüdisches Gotteshaus im Deutschen Reich. Adolf Hitler ordnet den Abriss selbst an. Neben der Synagoge hat die Israelitische Kultusgemeinde ihre Büros sowie einige Gemeindewohnungen. Dort wohnt im Herbst 1938 u.a. der frühere Oberkantor Emanuel Kirschner mit seiner Familie.
Als das Ministerium des Innern am 8. Juni 1938 der Israelitischen Kultusgemeinde eröffnet, dass am folgenden Tag die Synagoge an der Herzog-Max-Straße abgerissen werde, bittet die Gemeinde Emanuel Kirschner, den Schlussgesang im Abschiedsgottesdienst vorzutragen. Trotz seiner Erschütterung, die ihn zweifeln lässt, ob er dazu imstande sei, kommt er diesem Wunsch nach. Er singt den 102. Psalm. Er selbst schreibt darüber: „Als ich ‚mit gebrochenem Herzen‘ die Treppe zum Almemor hinanstieg, als ich zwar demütig, aber dennoch mit klarer Stimme die meinem Herzen entströmenden Worte zu sagen begann „T’philloh l’oni ki jaatof‘ (Ein Gebet des Elenden, wenn er betrübt ist und seine Klage vor dem Ewigen ausschüttet) und tiefe Ergriffenheit in der die Synagoge füllenden Gemeinde auslöste, dankte ich meinem Schöpfer, der mir diese Widerstandskraft verlieh.“
Die Firma Leonhard Moll übernimmt den Abriss der Synagoge, sie hat sich zuvor um den Auftrag bei der Stadtverwaltung beworben. Proteste gegen die Beseitigung des Gotteshauses erhebt niemand. Auf dem eingeebneten Gelände entsteht ein Parkplatz. Seit 1969 erinnert der Gedenkstein mit der Inschrift „Zachor“, zu Deutsch „Erinnere Dich“, an den Standort der ehemaligen Hauptsynagoge. Wenn man sich Postkarten von damals ansieht und darauf erkennt, welchen zentralen und stolzen Platz die Synagoge einst im Münchner Stadtbild einnahm, kann man verstehen, was es für die Jüdische Gemeinde bedeutet, dass seit dem 9. November 2006 mit der neue Hauptsynagoge Ohel Jakob endlich wieder ein vergleichbar repräsentatives jüdisches Gotteshaus im Zentrum der Stadt existiert.
Barbara Hutzelmann und Maximilian Strnad