Ida Aufseeßer kommt am 22. September 1865 als zweitältestes Kind des Nürnberger Kaufmanns Jakob Aufseeßer und seiner Frau Babette, geborene Zeiller, in Haßfurt in Unterfranken zur Welt.
Sie hat vier Geschwister, den älteren Bruder Josef, geboren am 21. Juni 1864, die jüngeren Geschwister Klothilde, geboren 25. Februar 1868, Hugo, geboren am 2. März 1872 und Paul, von dem nur der Name bekannt ist. Ihre Eltern und die Großeltern kommen aus dem Fränkischen.
Ida heiratet am 21. Mai 1888 mit 22 Jahren in Nürnberg den am 8. Juni 1861 in Markt Redwitz geborenen Martin Pauson und zieht zu ihm nach München, wo er seit 1. April 1880 lebt. Martin Pauson hatte als 20-Jähriger am 5. November 1884 in der Neuhauser Straße 5 eine „Porzellan- Glas- und Majolika-Industrie“ mit eigenen Werkstätten gegründet; insbesondere wurden handgefertigte Bierkrüge und Gläser angeboten. Martin Pausons Vater Salomon war Korbwarenhersteller in Lichtenfels bei Bamberg. Martin hat auch vier Geschwister, alles Brüder, den 14 Jahre älteren Bruder Adolph, den neun Jahre älteren Pankratz, den drei Jahre älteren Max und Hermann, von dem nur der Name bekannt ist.
Am 28. Dezember 1893 wird dem Ehepaar Ida und Martin Pauson die Tochter Cornelia, genannt Nelly, geboren. Am 1. Mai 1899 bezieht die Familie Pauson die Wohnung im 3. Stock der Neuhauser Straße 9. Martin und Ida Pauson gehört das gesamte vierstöckige Anwesen und ebenso das dreistöckige Rückgebäude. Am 5. Juli 1899 zieht das florierende Geschäft in Hausnummer 9 um, in neue, eigens für diesen Zweck gebaute und prächtig ausgestattete Räumlichkeiten, über drei Etagen verteilt. Die Werkstätten in der Neuhauser Straße 5 laufen noch einige Zeit weiter, bis sie dann nach 1900 eingestellt werden.
Die Martin Pauson KG, Porzellan- und Glaswarenhandlung sowie Zinngießerei, ist inzwischen weit über Bayerns Grenzen hinaus bekannt. Das Geschäft verkauft auch Küchenmöbel und Haushaltsartikel und stellt die Aussteuer für Hochzeiten zusammen. Ab 1906 ist Idas jüngerer Bruder Hugo Aufseeßer Teilhaber. Hugo Aufseeßer ist mit Paula Mosbacher verheiratet. Sie haben zwei Kinder, den 1912 geborenen Kurt Moses und die 1914 geborene Herta Babette.
Die inzwischen 26-jährige Tochter Nelly heiratet 1920 in München den 29-jährigen, aus Nürnberg stammenden Rechtsanwalt Dr. Kurt Mosbacher. Nelly ist Eigentümerin eines Hauses am Isar-Hochufer in der Pienzenauerstraße 2 in Bogenhausen und wohnt dort mit ihrem Mann. 1923 bekommen sie eine Tochter, Hanna Elisabeth, Rufname Hanni.
Im September 1930 bezieht Ida Pauson mit ihrem Mann Martin die Wohnung in der Maria-Theresia-Straße 19, ebenfalls oberhalb der Isar gelegen und nur 20 Minuten Fußweg vom Haus ihrer Tochter Nelly entfernt. Am 21. Oktober 1934 stirbt Martin Pauson im Alter von 73 Jahren. Auch seinen Brüdern war ein natürlicher Tod vergönnt.
Ida Pauson gehörte das Anwesen Neuhauser Straße 9 zusammen mit ihrem Mann; nach dessen Tod ist Tochter Nelly Miteigentümerin. Ihr Bruder Hugo Aufseeßer führt nun alleine die Geschäfte weiter. Im Dezember 1934 zieht die im gleichen Jahr verwitwete jüngere Schwester von Ida, Klothilde Neuburger, von Nürnberg nach München zu ihr in die Maria-Theresia-Straße.
Ab 1938 wird die Lage immer bedrohlicher. Im Juli 1938 wird die Firma in der Neuhauser Straße 9 „arisiert“ und von Fritz Haertle übernommen. Der renommierte Betrieb hat zu diesem Zeitpunkt noch 38 Beschäftigte. Den verbliebenen zwei jüdischen Fachkräften wird gekündigt; Hugo Aufseeßer meldet gezwungenermaßen am 23. Juli 1938 sein Gewerbe ab. Im „Völkischen Beobachter“ verkündet Haertle, dass die Firma nunmehr in „deutschen Besitz“ übergehe. Das riesige Warenlager wird mit rund 178.000 RM unter Einkaufswert, das Inventar mit 10.000 RM unter Marktwert übernommen. Mit Ida Pauson wird vereinbart, für die noch in ihrem Besitz befindlichen Firmenräume eine Jahresmiete von 42.000 RM zu bezahlen.
Doch der Immobilienbesitz muss zwangsverkauft werden. Nelly Mosbacher und Ida Pauson „verkaufen“ bzw. übergeben die Flurstücke Nr. 481 und 483 in der Neuhauser Straße 9 weit unter Wert an die „Vermögensverwertung München GmbH“, deren Gesellschafter der NSDAP-Gauleiter Adolf Wagner ist. Diese verkauft dann „für sie“, wie es damals heißt, als sei eine völlig freiwillige Beauftragung vorangegangen, an Fritz und Margarete Haertle.
Wenigsten kann Hugos Sohn, Kurt Moses Aufseeßer, im Sommer 1938 in die USA emigrieren.
Idas Brüder werden im Zuge der „Kristallnacht“ ins Konzentrationslager Dachau verschleppt, Hugo Aufseeßer zusammen mit rund 1.000 Münchner Leidensgenossen am 11. November 1938; er wird am 20. November wieder entlassen. Josef Aufseeßer aus Nürnberg erleidet ebenfalls dieses Schicksal; er wird aus Dachau bereits nach vier Tagen am 15. November entlassen.
Im Frühjahr 1939 muss Ida Pauson zwangsweise die in ihrem privaten Besitz befindlichen Gegenstände aus Edelmetall beim städtischen Leihamt abliefern. Davon kauft die Stadt München einen silbernen Aufsatz und ein Silberkaffeeservice an. Tochter Nelly Mosbacher wird dafür im Jahr 1954 740 DM Entschädigung erhalten.
Nelly gelingt im Januar 1939 die Emigration über England nach Los Angeles. Ihrem Ehemann, Dr. Kurt Moses Mosbacher, war die Ausreise bereits im Dezember 1938 über Zürich und England in die USA geglückt. Sie werden mit Verfügung vom 31. Oktober 1939 ausgebürgert.
Idas Bruder Hugo Aufseeßer kann mit seiner Frau Paula im März 1939 nach Cambridge emigrieren, wo seine Tochter Herta mit ihrem Mann, Dr. David Daube, und Sohn Jonathan schon seit September 1936 lebt.
Im September 1941 müssen Ida und ihre jüngere Schwester Klothilde ins Hotel Bavaria in der Schillerstraße 10 ziehen, wo auch andere Leidensgefährten wohnen. Im November werden sie dann in die Goethestraße 66, ein so genanntes „Judenhaus“ eingewiesen, wo auf engstem Raum über 50 Menschen zusammengepfercht zu leben gezwungen sind. Als sei die Wegnahme der Firma und der Zwangsverkauf des Immobilienbesitzes noch nicht genug, muss Ida für die Finanzierung des Sammel- und Deportationslagers an der Knorrstraße 148 am 9. Oktober 1941 eine – als "freiwillig" bezeichnete – Spende in Höhe von 10.000 RM leisten.
Im Dezember werden die beiden Schwestern gezwungen, in das Internierungslager Clemens-August-Straße 9 umzuziehen; von dort aus gibt es kein Entkommen mehr. .
Ida Pauson, geborene Aufseeßer, wird zusammen mit ihrer Schwester Klothilde, verwitwete Neuburger, am 18. Juni 1942 von München nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 24. November zu Tode kommt; Klothilde stirbt am 16. März des darauffolgenden Jahres. Ida ist zum Zeitpunkt ihres Todes 77, Klothilde 75 Jahre alt.
Am 10. September 1942 wird Idas Bruder, Kommerzienrat Josef Aufseeßer, zusammen mit seiner Frau Wilhelmine Mina, geborene Bacharach, von Nürnberg aus nach Theresienstadt deportiert, wo Wilhelmine im Oktober 1942 im Alter von 65, Josef am 23. Februar 1943 im Alter von 78 Jahren umkommen.
Hugo, Ida Pausons Bruder, stirbt am 1. Dezember 1959 im Alter von 87 Jahren in Cambridge; ihm wird ein würdiges Begräbnis bereitet, der Nachruf des Rabbiners ist überliefert. Hugos Sohn, Kurt Moses Aufseeßer, stirbt im Februar 1999 in Walnut Creek in Kalifornien. Die Tochter Herta Babette hatte sich 1964 von David Daube scheiden lassen. Herta Simon-Aufseeßer stirbt 2004 in England.
Kurt Mosbacher, der Ehemann der Tochter Nelly, stirbt mit 81 Jahren im Oktober 1972 in Los Angeles, Nelly im März 1980 im Alter von 86 Jahren. Sie hinterlässt die 1923 geborene, inzwischen ebenfalls verwitwete Tochter Hanna Elisabeth, die mit dem 1919 geborenen Dr. Bernhard C. Gindes verheiratet war, welcher 1978 im Alter von nur 59 Jahren verstorben war. Hanna Gindes, die Enkelin von Ida Pauson, stirbt im Januar 2004 in Los Angeles mit 80 Jahren. Das von Fritz Landauer entworfene Familiengrab der Familie Pauson befindet sich auf dem Neuen Israelitischen Friedhof an der Garchinger Straße; dort ist Martin Pauson begraben und es ist eine Gedenkinschrift für Ida Pauson, Nelly und Kurt Mosbacher auf dem Grabstein. Von Martin Pausons Steingut-Bierkrügen mit kunstvollen Zinndeckeln und Fertigungen der Zinngießerei sind heute noch Sammlerstücke in Kunsthandwerk-Katalogen und auf Versteigerungen zu finden.
Bilder: Stadtarchiv München